„Nicht, dass uns keiner kennt, wenn es wieder zu einer Krise kommt. Das darf nicht wieder passieren!“ – ein Interview mit Henning von Elm

Versteckt in einem Tempelhofer Hinterhof finde ich nach längerer Suche doch den Eingang in das Berliner Büro von Eventwide. Dort werde ich erst von Bürohund Emma freudig empfangen und gleich darauf von Henning selbst. Nach kurzer Aufbauphase des Interviewsetups und dem ersten Kaffee beginnen wir. Henning gibt mir tiefe Einblicke in die letzten 1,5 Jahre bei Eventwide Berlin und was uns in kommender Zeit erwartet. Doch lies selbst:

Henning, wie bist Du in die Eventbranche gekommen und dann zu Eventwide Berlin?

Das ist bei mir ein ganz klassischer Weg: als typischer Quereinsteiger. Ich bin 2005 nach Berlin zum Pharmaziestudium gekommen. Wie viele meiner Kommilitonen bin ich im 3. Semester an der Physikklausur gescheitert und wurde dann auch recht schnell exmatrikuliert. Meine Mitbewohnerin hat zu dem Zeitpunkt eine Ausbildung zur Veranstaltungskauffrau bei der Philharmonie der Nationen unter der Leitung von Justus Frantz beendet. Ein Projekt, das über die gemeinsame Leidenschaft – Musik, Brücken bauen und verbinden soll. Und da meinte sie: „ja super, du musst ja jetzt irgendwas machen und wir suchen gerade einen Praktikanten, der im Anschluss die Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann [also ihre Nachfolge] antreten soll.“ Gesagt getan und so habe ich mich ganz klassisch in der Veranstaltungsbranche wiedergefunden und bin gleich mit auf Tournee gefahren.

Nach 2 Jahren kam es dann zum Bruch mit einem der Hauptsponsoren der Philharmonie und da auch gerade bei mir eine private Veränderung anstand, ging es nach Bremen und zur Firma Kampen – rentanevent, ein klassischer Non Food Caterer. Dort habe ich meine Ausbildung beendet und anschließend knapp zwei Jahre gearbeitet.

Bremen ist zwar hübsch – auf Dauer aber dann doch zu klein für jemanden, der zu vor in Berlin gelebt und gearbeitet hat (lacht…). Also ging es zurück nach Berlin, wo ich im Berliner Studio der Firma Kampen zunächst als Projektleiter und nach der Ausbildung zum Veranstaltungsfachwirt auch beratend für die Geschäftsführung tätig war.  Der Wunsch mehr Verantwortung zu übernehmen scheiterte dann aber an der Distanz nach Neustadt-Glewe und ein Umzug dahin war unvorstellbar – wenn schon Bremen nicht funktioniert, dann wird Neustadt-Glewe erst recht nichts für mich sein (ein breites Grinsen huscht über Hennings Gesicht…).

Tür an Tür mit Kampen war die Firma Eventwide Berlin und ich habe mich damals schon mit dem Inhaber Bodo Haas gut verstanden. Vorerst noch als Kooperationspartner für Kampen rein geschäftlich und später auch freundschaftlich. Und so kam es, wie es kommen musste, nach einigen konstruktiven Gesprächen ich wechselte 2015 von Kampen zu Eventwide Berlin – sozusagen in die Nachbarhalle. Eventwide Berlin hatte damals noch sehr viele Entwicklungspotentiale die wir dann gemeinsam konzentriert und glücklicherweise erfolgreich angegangenen sind – sonst säßen wir heute hier nicht zusammen.

Man merkt die ganze Zeit schon deine Leidenschaft für die Eventbranche und schon bevor wir das Interview begonnen haben, habe ich gemerkt, wie leidenschaftlich Du über Eventwide Berlin sprichst, was macht für Dich also die Faszination Eventausstattung aus?

Ja klar, das Spannendste ist ja, dass wir ein Baustein, ein Rädchen im Gesamtkomplex einer Veranstaltung sind. Es ist immer wieder etwas Neues. Jede Location ist anders, jeder „Job“ ist anders und diese Abwechslung ist es, was es für mich ausmacht. Wir haben als Dienstleister ja manchmal 10 Veranstaltungen und mehr pro Woche, die wir beliefern – von 5 Stehtischen bis hin zu 5 LKW’s voll Mobiliar.

Wir sind sehr flach aufgestellt, so dass jeder Teil des gesamten Prozesses ist, also sowohl seine Zeit im Büro als auch im Lager sowie vor Ort beim Auf- und Abbau hat. Das macht dann das Arbeitsumfeld Event noch einmal abwechslungsreicher – ich liebe es auch mal mit dem gesamten Team im Lager drei Tage nur Vorbereitungen für die kommenden Veranstaltungen zu machen.

Sicherlich ist die Veranstaltungsbranche ein oftmals stressiges Arbeitsfeld, aber trotzdem kommt bei mir, bei uns, der Spaß nie zu kurz. Es gibt eine stetige Weiterentwicklung, man hat mit den verschiedensten Menschen zu tun und ganz am Ende steht immer das Ziel dem Kunden und Teilnehmenden ein Lächeln ins Gesicht zaubern.

Die Branche ist nun einmal ein Peoples Business, Menschen treffen auf Menschen und dieses Miteinander und der „Nasenfaktor“ spielt natürlich eine große Rolle, deshalb bleibt diese Faszination für die Branche jeden Tag aufs Neue das, was uns antreibt.

Die Branche ist im Re-Start und wir haben gerade gemeinsam das MEET GERMANY SUMMIT in Berlin vor uns, worauf wir uns sehr freuen. Wie waren die letzten 1,5 Jahre für Euch und wie hat sich die Situation auf Euer Geschäftsmodell ausgewirkt?

Es ist immer noch schwer. Machen wir uns nichts vor, die Streamingveranstaltungen generieren keinen Umsatz. Der Lockdown zieht sich bei uns bis jetzt, zum Ende der Sommerferien, hin und mit Eurer Veranstaltung, dem MEET GERMANY SUMMIT in Berlin, gibt es einen ersten Aufschlag für dieses Jahr. Jetzt kommen die ersten Buchungen rein. Aber ehrlicherweise sieht der Kalender über den Oktober hinaus recht mager aus. Wir haben zwar viele Angebote draußen, aber trotz dessen stellt es sich so dar, dass viele Buchende die Frage stellen, bis wann kann ich ggfls. stornieren, bis wann muss ich mich final entscheiden und das gestaltet eine zukunftssichere Planung recht schwierig. Keiner traut sich wirklich!

Aber ich muss an dieser Stelle eine Lanze für die Politik brechen, auch wenn mir hier ein klares Statement zur längerfristigen Planung lieb wäre, sind die Hilfen für unsere Betriebsgröße genau richtig gewesen. Wir haben die Hilfen immer schnell und unkompliziert bekommen. Ich weiß natürlich, dass es bei anderen Unternehmen deutlich schwieriger gewesen und noch immer schwierig ist.

Das Geschäftsmodell anzupassen ist für uns natürlich schwierig, wir vermieten Möbel physisch, das wird im digitalen Raum diffizil. Wir sind zwar eine Kooperation mit allseated eingegangen, dass unsere Möbel direkt im Programm verfügbar sind, aber auch das kann nur eine Ergänzung sein. Wir haben sozusagen das Thema Site Inspection ins digitale gebracht.

Allerdings haben wir uns vor allem auf unsere Nachhaltigkeitsbemühungen konzentriert. Wir sind jetzt über Sustainable Meetings Berlin zertifiziert und sind hier als Leader gelistet. Mit Hinblick auf die Zukunft wird das auch immer wichtiger werden. Die Klimaziele sind gerade von 2050 auf 2035 vorverlegt wurden und wir sehen es gerade immer öfter vor der eigenen Haustür, die Auswirkungen der Klimaveränderung kommen immer mehr zum Tragen.

Über Kurz oder Lang wird es in Zukunft auch gesetzliche Rahmenbedingungen geben und da sollte sich jedes Unternehmen schon jetzt drauf einstellen. Aber wir machen das nicht aus einem Kalkül heraus, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass es wichtig ist klimafreundlich, bzw. klimaneutral zu arbeiten. Und dafür sind wir, so glauben wir (lacht wieder…), gut aufgestellt.

Gib uns doch noch einen kleinen Ausblick, was uns in kommender Zeit von Euch erwartet?

Wie gerade schon gesagt, werden wir weiter an unserer Nachhaltigkeit arbeiten. Es gibt hier immer noch viele Dinge, die angegangen werden müssen. Als Beispiel das Thema Mobilität. Noch ist es betriebswirtschaftlich schwierig den Transport über die Kompensation hinaus wirklich klimaneutral zu betreiben. Aber wir werden hier mittelfristig umstellen wollen und bereiten dafür alles vor.

Nichtsdestotrotz wird es auch bei unserem Kernthema, dem Mobiliar, immer neue Entwicklungen geben. So stellen wir auf der MEET GERMANY NIGHT unsere neue Blackline vor und nächstes Jahr wird es ein modulares Outdoor-Loungesystem von uns geben, so viel kann ich schon einmal verraten.

Wir nehmen Trends natürlich immer auf und versuchen diese dann im Eventwide Stil umzusetzen und zu denken. Wie Du siehst, wenn Du Deinen Blick durch den Raum schweifen lässt (Anm. d. Red. wir haben das Interview im Lager von Eventwide Berlin geführt), haben wir so gut wie keine Paletten oder Stretchfolie hier. Wir haben für den Transport optimierte Gestelle. Der Nachhaltigkeitsgedanke ist also schon im Designprozess verankert.

Zum Abschluss, was möchtest Du unserer COMMUNITY mit auf den Weg geben?

Wir als Veranstaltungswirtschaft müssen uns gemeinsam für unsere Interessen stark machen. Das bedeutet sich in den einzelnen Verbänden und Initiativen einzubringen, das Ehrenamt anzunehmen, um unsere Anliegen an die Politik zu kommunizieren. Nicht, dass uns keiner kennt, wenn es wieder zu einer Krise kommt… Das darf nicht wieder passieren, d.h. jetzt am Ball bleiben, dass es uns alle auch noch in 20, 30 Jahren gibt!

Redaktion
Patrick Bergmann | MEET GERMANY

Kategorie: Experten, Impulse aus dem Netzwerk, News aus dem Netzwerk
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